Cuchulain

Conchubar wird König

Vor langer Zeit war Fergus mac Rogh der König von Ulster. Er begehrte die schöne Ness zur Frau. Ness jedoch war vor der Geburt ihres Kindes Conchubar von Cathbad geweissagt worden, ihr Sohn werde einst König sein. So willigte sie denn ein unter der Bedingung, dass Conchubar ein Jahr lang König sein dürfe, damit sich später seine Söhne Prinzen nennen konnten.

Fergus willigte ein und Conchubar wurde König. Doch der nutzte seine Zeit. Er war ein ansehnlicher junger Mann, tapfer in der Schlacht und weise in seinen Urteilen. Vor allen Dingen jedoch beherzigte er die wichtigste Tugend eines Herrschers in Irland: Er war über alle Maßen freizügig, beschenkte die Clanführer großzügig und wurde immer beliebter.

Als das Jahr verflossen war, versammelten sie sich und beschlossen, Conchubar solle König bleiben. "Wenn Fergus wegen einer Frau ein Jahr auf seine Königswürde verzichtet, muss er uns wohl geringschätzen. Er soll bei seiner Frau bleiben und wir wählen Conchubar zum König".

Die Schwäche der Männer aus Ulad

Navan Fort bzw. Emain Macha
Sitz der Könige von Ulad
Von: pilled     
Crunniac mac Agnoman, ein einst wohlhabender Bauer aus Ulad , saß in seiner Hütte in den Bergen von Armagh vor dem kalten Herd und dachte an seine verstorbene Frau. Seit sie nicht mehr bei ihm war, ging es mit dem Hof bergab. Wie viele Abende hatte er schon so gesessen in seiner Trauer.

Während er so seinen Gedanken nachhing, wurde plötzlich die Türe geöffnet und eine schöne Frau trat herein, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Ohne ein Wort zu ihm zu sprechen, zündete sie das Feuer im Herd an, bereitete das Essen für ihn und seine Knechte und versorgte die Tiere.

Am Abend deckte sie das Feuer zu, schickte das Gesinde zur Ruhe und legte sich zu ihm auf sein Lager. Verwundert fragte Crunniac sie, wer sie sei.
"Wenn ich dir meinen Namen sage muss ich dich verlassen, also frage mich nie wieder", antwortete sie. Crunniac fügte sich und von nun an gedieh sein Anwesen auf das prächigste.

Dies ging so eine lange Zeit und Crunniac wünschte, die seltsame Frau würde immer bei ihm bleiben. Dann jedoch nahte die Zeit der alljährlichen Versammlung der Ulstermänner. Zu den Feiern danach kamen die Menschen von weit her und auch Crunniac wollte die spannenden Wettkämpfe nicht versäumen. Die fremde Frau ließ ihn ungern gehen, hatte sie doch Sorge, Crunniac könnte unvorsichtig sein und von ihr erzählen, "denn ich muss dich verlassen, wenn du auch nur ein einziges Mal von mir berichtest." "Wie kann ich von dir sprechen, wenn ich nicht einmal deinen Namen kenne", versprach Crunniac und machte sich auf den Weg.

Die Pferde des Königs gewannen alle Rennen und die Menge war begeistert. Crunniac jedoch, der sich wohl erinnerte, dass er in der Gewitternacht vor dem Erscheinen der Fremden eine schöne Frau hatte von Hügel zu Hügel springen sehen, ärgerte sich über die Übertreibungen der Menge und behauptete, seine Frau sei schneller als die Rosse des Königs.

Als diesem von dieser Frechheit eines angetrunkenen Bauern berichtet wurde, rief er voller Empörung: "Bringt ihn mir sofort und seine Frau ebenfalls! Wenn er lügt, muss er sterben!"

Als die Boten des Königs bei der Frau eintrafen, wusste sie, dass ihr Mann sein Wort gebrochen hatte. "Ihr seht doch, dass ich hochschwanger bin. So wartet wenigstens, bis ich niedergekommen bin, dann werde ich mit euch kommen"! Doch ihre Bitten halfen ihr nicht. "Wenn Du nicht mit uns kommst, wird dein Mann durch das Schwert sterben".

Als sie vor den König gebracht wurde, wiederholte sie ihre Bitte und bat ihn, doch Rücksicht zu nehmen auf ihre Schwäche. Doch der ließ sich nicht umstimmen. "Wie ist dein Name, Frau?"

"Du weißt, dass ich die Frau von Crunniac bin. Weshalb willst Du meinen Namen wissen? Ich bitte dich, warte, bis ich mein Kind geboren habe, dann werde ich deinen Wunsch erfüllen und gegen deine Pferde antreten."
Als sie jedoch sah, dass alles Flehen nichts half, rief sie der neugierigen Menge zu: "So wisset den, ich bin Macha, die Tochter Sainteths. Schande wird über die Männer Ulads kommen, dass ihr keine Rücksicht nehmt auf meine Schwäche. Über neun Generationen sollen die Männer Ulads schwach sein wie eine Wöchnerin im Kindbett, wenn Ulad in Gefahr schwebt. Ausgenommen sein soll nur Cuchulain. Und dieser Ort soll zur Erinnerung Emain Macha heißen."

Dann rannte sie neben den Rossen des Königs her und erreichte das Ziel, als diese gerade die halbe Strecke gelaufen waren. Mit einem schrecklichen Schrei sank sie zu Boden und gebar Zwillinge: Emain Macha, die Zwillinge Machas. Danach wurde sie nie wieder gesehen.

Von dieser Zeit an jedoch überfiel die Männer Ulads jedesmal diese Schwäche, wenn Ulad in Gefahr war und dieser Fluch hielt an bis zur Zeit des Königs Fergus mac Domnall.

Cuchulains Geburt

Eines Tages gab Conchubar ein großes Fest in seiner Residenz Emain Macha zur Hochzeit seiner Schwester Dechtire mit Sualtim, Sohn des Roig. Durstig trank Dechtire einen Becher Wein, in den jedoch eine kleine Fliege gefallen war. Gleich darauf fiel sie in einen tiefen Schlaf, in dem ihr der Gott Lug erschien: "Ich selbst bin in dieser Fliege zu dir gekommen. Das Kind, das du nun zur Welt bringen wirst, ist mein Sohn. Du sollst es Setana nennen. Jetzt jedoch wirst du mir folgen." Und er verwandelte sie und ihre Dienerinnen in einen Schwarm Vögel, der nach Süden zum Bruig na Bóinne flog.

Nach einem Jahr, in dem niemand vom Verbleib der Frauen jemals etwas gehört hatte, gab Conchubar wieder ein Fest, als er und seine Männer plötzlich einen Schwarm Vögel erblickten, der sich auf der Ebene von Emain Macha nieder ließ und alles fraß, was essbar war, so dass kein Grashalm übrig blieb.

Die Ulstermänner waren sehr verärgert und bestiegen ihre Kampfwagen, um die Vögel zu erlegen. Sie folgten ihnen über die Fews Mountains und die Ebene von Brega, die herrlichen Vögel immer vor ihnen. Je zwei von ihnen waren durch silberne Kettchen miteinander verbunden, an der Spitze ein Paar, das mit einer goldenen Kette verbunden war.

Als sie am Abend Bruig na Bóinne erreicht hatten, waren die Vögel plötzlich verschwunden. Conchubar sagte zu seinen Männern: "Lasst uns abspannen und nach einer Bleibe für die Nacht suchen." Fergus ging als erster auf die Suche und fand ein ärmliches kleines Haus, das von einem einfachen Bauern und seiner Frau bewohnt wurde. Sie hießen Fergus und seine Mannen willkommen. Als Fergus mit dieser Nachricht zu Bricriu kam, winkte dieser verächtlich ab. "Was sollen wir dort? Erstens ist es viel zu klein, um allen Schutz in der Nacht zu bieten, und zweitens werden wir dort wohl kaum alle satt werden."

Als jedoch Bricriu selbst zu dem Haus kam, war es groß und hell erleuchtete, an der Tür stand ein großer stattlicher jungen Mann in schimmernder Rüstung, der Briucri bat einzutreten, an seiner Seite eine schöne junge Frau mit lockigem Haar.

"Lasst uns hier übernachten", schlug Bricriu vor, und so brachten sie ihre Kampfwagen, Pferde und Waffen und waren kaum angekommen, als sie auch schon so reichhaltig bewirtet wurden, wie sie es noch nie erlebt hatten. Nachdem sie ausgiebig getafelt hatten, fragte Conchubar den jungen Mann nach der Frau des Hauses. "Du wirst sie heute abend nicht sehen können", antwortete dieser, "denn sie liegt in den Wehen."

Am anderen Morgen erwachte Conchubar vom Schrei eines Neugeborenen. Der junge Mann vom Vorabend war verschwunden, doch als Conchubar in das Zimmer des Kindes trat, begrüßte ihn seine Schwester Dechtire mit ihren Frauen, das Kind in den Armen. Sie sagte ihm, sie selber habe ihn gerufen, damit er sie und ihr Kind zurückbringe nach Emain Macha.
Und so geschah es.

Dort jedoch entbrannte ein Steit zwischen den Helden von Ulad, wer am besten geeignet sei, das Kind zu erziehen. Jeder pries seine Vorzüge, die gerade ihn dazu befähigten. Sencha, Sohn des Ailell, Dichter am Königshof, pries seine Weisheit und die Macht seiner Worte, Fergus seine Stärke und Tapferkeit, und auch Amergin und Blai priesen ihre herausragenden Fähigkeiten.

Schließlich entschied der weise Richter Sencha, sie alle sollten das Kind erziehen, jeder mit seinen Fähigkeiten. "Denn dieses Kind wird geliebt und verehrt werden, von den Lenkern der Kampfwagen und den Kriegern, von Königen und Weisen, und es wird eure Häuser verteidigen, die Bösen bestrafen und in allen euren Schlachten kämpfen."

Solange Setana jedoch noch ein Kind war, lebte es bei seiner Ziehmutter Finnchaem der Schwester Cunchubars, in der Ebene von Muirthemne. Finnchaem hatte zu dieser Zeit auch ein eigenes Kind, Conall Cernach, der somit Setena's Milchbruder war.

Der Knabe Setana

Als Setana sieben Jahre alt war, hörte er von König Conchubars Hof in Emain Macha, den Königssöhnen dort und deren Spielen und Wettkämpfen. "Lass mich gehen und mit ihnen spielen", bat er. "Das ist viel zu weit und gefährlich für dich, hinter dem Sliab Fuaid" antwortete seine Mutter, "warte, bis dich ein Krieger mitnimmt und dort unter Cunchubars Schutz stellt." "Ist es östlich oder westlich von Slieve Fuad und den Fews Mountains", wollte Setana nur noch wissen, dann lief er los, mit seinem Hurlingstock, der Silberkugel, den Schleuderpfeilen und seinem Speer.

Unterwegs vertrieb er sich die Langeweile, indem er mit seinen Waffen spielte. Weit schleuderte er die Kugel fort, den Speer und die Schleuderpfeile hinterher, und lief so schnell, dass er alle wieder fing, bevor sie den Boden berührten.

So verging die Zeit, bis er endlich Emain Macha erreichte. Dort sah er eine große Schar Knaben, die von Follaman, König Conchubars Sohn, im Hurling und der Kriegskunst unterrichtet wurden. Setana sprang mitten unter sie und zeigte ihnen, wie vortrefflich er mit dem Ball und seiner Silberkugel umgehen konnte. Die anderen jedoch waren empört, wie ein Fremder so dreist sein konnte, ihr Spiel zu stören. Folloman rief: "Stürzt euch auf ihn, und wenn es sein Tod sein sollte, denn er hat den Bann gebrochen und unser Spiel gestört, ohne sich vorher unter unseren Schutz zu stellen."

Sofort stürzten sich alle auf ihn und warfen mit den Hurlingstöcken, Kugeln und Schleuderpfeilen nach ihm. Setana jedoch wehrte sie nicht nur mühelos ab, sondern bezwang sie alle, und wenn einer weglaufen wollte, warf er ihn zu Boden.

Zufällig sah Fergus das Geschehen und war beeindruckt. Er brachte den tapferen Kleinen zu Conchubar, der diesen fragte, weshalb er die anderen so übel zugerichtet habe. "Ich kam als Fremder in ihre Mitte und sie haben mich ungastlich empfangen", rechtfertigte sich Setana. Da klärte ihn Conchubar über den Bann auf, der besagte, dass kein Fremder auf dem Rasen von Emain Macha das Spiel der Knaben stören darf, der sich nicht zuvor unter ihren Schutz gestellt habe. "Aber wer bist du?"

"Ich bin Setana, Sualtim und Dechtire sind meine Eltern." Als Conchubar hörte, dass dies sein Neffe war, bat er die anderen Knaben, Setana unter ihren Schutz zu nehmen. Im weiteren Verlauf des Spiels jedoch überwältigte Setana wieder die anderen und warf sie zu Boden. "Was willst du denn jetzt noch?" fragte ihn Conchubar.

"Ich schwöre bei den Göttern meines Volkes", antwortete Setana, "ich werde nicht eher ruhen, bis sich alle unter meinen Schutz gestellt haben!"

Von nun an waren die Knaben von Ulad Setana's Schützlinge.

Cuchulain erhält seinen Namen

Der Hund des Schmieds?
Schädel eines ungewöhnlich großen Hundes,
der hier gefunden wurde.
Eigentum des Museums von Navan Fort.
Von: pilled     
In Ulad lebte ein berühmter Schmied, Culain genannt, der ein großes Fest für Cunchubar und seine Leute gab. Als dieser sich auf den Weg machte, das Fest zu besuchen, kam er an der Wiese vorbei, auf der die Knaben spielten. Conchubar sah mit Wohlgefallen, wie überragend der Sohn seiner Schwester Dechtire die anderen besiegte. Er schlug daher Setana vor, ihn zum Fest zu begleiten, um ihm eine Freude zu machen.

"Ich kann jetzt noch nicht mit dir gehen, erst muss ich das Spiel hier beenden", antwortete Setana bedauernd. Conchubar wollte jedoch nicht so lange auf den Jungen warten und so schlug er ihm vor, er möge doch später nachkommen.

Gastlich wurde Conchubar von Culain empfangen. Gedichte und Lieder wurden vorgetragen, Wein und Speisen gereicht. Zu vorgerückter Stunde fragte Culain, ob noch weitere Gäste erwartet würden. Conchubar hatte inzwischen den Jungen total vergessen und verneinte: "Aber weshalb fragst du?"

"Nun, ich habe einen großen wilden Kampfhund, der mein Anwesen bewacht. Ich will ihn von der Kette lassen, aber da er niemandem gehorcht außer mir, würde er jeden zerfleischen, der in die Nähe kommt". "So lasse ihn nur los", antwortete Conchubar, "damit wir nicht gestört werden."

Da band ihn Culain los und der schreckliche Hund und rannte um das Haus, und jeder war froh, als er schließlich zurückkehrte, um sich auf seinen Platz zu legen und den Eingang zu bewachen.

Inzwischen hatten die Jungen ihr Spiel beendet, und sie gingen nach Hause, Setana jedoch folgte der Spur von Conchubars Kampfwagen zum Haus des Schmieds und vertrieb sich unterwegs die Langeweile mit seinen Spielwaffen, dem Hurlingstock und der silbernen Kugel. Als er sich dem Vorplatz von Culain's Haus näherte, sprang der Kampfhund auf, bellte fürchterlich und sprang auf das Kind zu, um es zu zerreißen.

Der Junge hatte nichts als seinen Stock und die Kugel, und als er die Bestie auf sich zu springen sah, schleuderte er ihr die Kugel mit solcher Gewalt in den geöffneten Rachen, dass sie seinen Körper glatt durchschlug. Dann ergriff er ihn bei seinen Hinterbeinen und schleuderte ihn mit dem Kopf an einen Felsen, dass der Schädel zerbarst.

Als die Männer das furchtbare Heulen des Hundes hörten, erstarrte Conchubar vor Schreck, denn er erinnerte sich wieder, und er rief: "Oh, welch ein Unglückstag, jetzt hat der Hund den kleinen Setana, meiner Schwester Sohn, zerrissen!"

Alle Männer rannten hinaus, so schnell sie konnten, Fergus erreichte als erster das Kind. Er hob ihn auf seine Schulter und brachte ihn heil und unversehrt zu Conchubar. Groß war die Freude bei allen; nur Culain, als er seinen Hund zerschmettert liegen sah, war unglücklich und machte Setana bittere Vorwürfe. "Wer wird jetzt mein Hab und Gut, mein Haus, meine Herden bewachen und alles, was ich habe? Diesen wertvollen Hund kann mir niemand ersetzen!"

"Zürne mir nicht," antwortete Setana, "ich werde einen Welpen aus derselben Zucht aufziehen und trainieren, bis er genau so gut ist wie der Hund, den ich getötet habe, und so lange will ich dein Hund sein, der dein Haus und deine Herden bewacht."

"Das ist ein faires Angebot", rief Conchubar, und Cathbad, der Druide, fügte hinzu: "Ein besseres Urteil hätte ich selbst nicht sprechen können, "von jetzt an soll dein Name sein Cuchulain, der Hund des Culain."

"Ich würde aber gern meinen Namen Setana, Sohn des Sualtim, behalten, erwiderte Setana. "Sage das nicht, mein Junge, antwortete Cathbad, denn Cuchulain wird der Name eines großen Helden sein, berühmt in ganz Erinn und Alba."

Damit war Setana einverstanden. Und von nun an war sein Name Cuchulain.

Cuchulain erhält seine Waffen

Der Druide Cathbad saß mit seinen Schülern in in seinem Haus nordöstlich von Emain Macha, als er gefragt wurde, was die Zeichen über den heutigen Tag aussagen: "Wenn ein Knabe heute seine Waffen erhält, so wird er der berühmteste Krieger in ganz Irland werden, jedoch früh sterben."

Cuchulain, der in der Nähe spielte, warf sofort seine Spielwaffen fort, eilte zu König Conchubar und verlangte seine Manneswaffen. "Wie kommst du denn auf diese Idee?", fragte ihn der König. "Durch Cathbad", antwortete Cuchulain. "Wenn das so ist, dann will ich dir diesen Wunsch erfüllen", antwortete Conchubar und händigte ihm verschiedene Waffen aus. Aber Cuchulain zerbrach sie alle, sie waren zu schwach für den Jungen. Erst als der König ihm seine eigenen Waffen gab, hielten diese der Kraft des Knaben stand.

Zufällig kam Cathbad herein und wunderte sich sehr. Conchubar bemerkte sein Erstaunen: "Hast du ihm denn nicht selbst geraten, heute seine Waffen zu empfangen?" "Mit Sicherheit nicht", antwortete Cathbad.

"So hast du mich also belogen?" fuhr Conchubar den Jungen an, doch der erzählte ihm nun genau, wie es sich zugetragen hatte, und dass er ein berühmter Krieger werden wolle. Und als auch Cathbad bestätigte, dass er so zu seinen Schülern gesprochen hatte, war der König besänftigt. "Es ist wahr, was ich sagte", wiederholte Cathbad, "dein Ruhm wird in Irland unübertroffen sein, jedoch dein Leben nur von kurzer Dauer."

"Das ist mir gleich", antwortete Cuchulain, "und wenn es nur noch einen Tag und eine Nacht dauert, wenn nur der Ruhm meiner Taten auch nach meinem Tod noch von den Barden besungen wird."

"Dann sollst du heute auch deinen Kampfwagen besteigen", antwortete Cathbad, jedoch auch hier wiederholte sich Ähnliches: Siebzehn Wagen zerbrachen, erst der Wagen von Conchubar hielt seiner Kraft stand.

Cuchulain fragte Ibar, den Wagenlenker: "Wohin führt diese breite Strasse, hier neben der Burg von Emain Macha?" "Zur Furt der Wache in Slieve Fuad", antwortete Ibar. "Und warum heisst dieser Ort Wache?" wollte Cuchulain wissen. "Dort wacht ein berühmter Krieger von Ulad und kämpft mit jedem, der sich unserer Grenze in feindlicher Absicht nähert", erwiderte Ibar. "Und wer ist heute dort?" "Das ist Conal Cernach, berühmt für seine Heldentaten nicht nur in Ulad, sondern in ganz Irland".

Nun war der kleine Cuchulain nicht mehr zu bremsen. Sofort ließ er Ibar den Kampfwagen zur Furt der Wache jagen. Conal Cernach jedoch empfing ihn mit beißendem Spott und machte sich über die gewaltigen Waffen lustig, die der "Kleine" trug. "Lass mich heute an der Furt die Wache halten", verlangte dieser. "Verlange nicht so etwas von mir", erwiderte Conall, "du bist nicht geübt genug, um gegen erfahrene Kämpfer bestehen zu können. Ich will mit dir gehen und dich beschützen, denn wenn dir ein Leid zustößt, werde ich bei deinem Onkel Conchubar in Ungnade fallen."

So setzten sich beide Wagen in Bewegung. Cuchulain jedoch, begierig, schon heute seine Hände in Blut zu tauchen, zerschoss absichtlich mit einem Stein das Joch von Conalls Wagen. "Was hast du dir denn dabei gedacht, du verrückter Junge?" fluchte Conall. "Ich wollte dir nur zeigen, dass ich genau so gut zielen kann wie ein erfahrener Krieger", erwiderte Cuchulain. "Dann mach, was du willst, ich habe keine Lust mehr, dich weiter zu beschützen, und wenn du heute deinen Kopf verlieren solltest!" Genau das wollte ich ja erreichen", lachte Cuchulain Conall hinterher, als dieser sich zu Fuß auf den Rückweg machte und gab seinem Wagenlenker Ibar den Befehl, in die Mourne Mountains zu eilen.

"Ich würde lieber zurück nach Emain Macha fahren", gab Ibar zu bedenken, "dort wird gerade das Essen verteilt. Du musst dir da ja keine Sorgen machen, als Krieger sitzt du zwischen den Füßen von Conchubar und wirst versorgt, aber ich sitze zwischen den Kutschern und Gauklern und muss nehmen, was übrig bleibt". Doch Cuchulain ließ sich nicht erweichen und fort ging die wilde Fahrt in die Berge.

"Was ist das dort für ein Hügel?" "Das ist Finncairn mit dem weißen Cairn auf der Spitze", entgegnete Ibar, "Dann lasst uns hinauffahren", antwortete Cuchulain. "Das würde viel zu lange dauern". "Du bist ein Faulpelz. Dies ist meine erste Fahrt, die du mit mir machst!" "Und ich fürchte, auch meine letzte", wendete Ibar ein.

Angekommen auf dem Cairn, ließ Cuchulain sich die Namen aller Berge, Ebenen, Flüsse und Burgen von Ulad nennen, die er sehen konnte: Die Ebene Magh Breagh, Teamhair und Tailte, Cleathra und Cnobhach und Bruig na Bóinne und Dun Mac Nechta Sceine.

"Ist das nicht die Burg der Söhne von Nechta, die sich brüsten, genau so viele Ulter getötet zu haben, wie noch am Leben sind?" "Genau das sind sie", bestätigte Ibar. "Dann lasst uns zu dieser Burg fahren", sagte Cuchulain. "Nicht mit mir", antwortete Ibar. "Du wirst mit mir kommen, tot oder lebendig". "Dann lieber lebendig", antwortete Ibar, "auch wenn wir diesen Ort nicht lebend verlassen werden!"

Als sie auf dem Anger vor der Burg der Söhne der Nechta ankamen, sahen sie einen Steinpfeiler mit einem eisernen Reifen darum, auf dem in Ogham-Schrift stand, niemand, der diesen Ort bewaffnet betrete, solle ihn verlassen, ohne einen der Bewohner zum Zweikampf herausgefordert zu haben.

Cuchulain las die Inschrift, ergriff dann den Stein und warf ihn in den nahen Bach. "Nun wirst du bekommen, was du dir wünscht, nämlich einen schnellen Tod", sagte Ibar düster." Cuchulain jedoch ließ ihn Decken ausbreiten, da er ein Schläfchen halten wolle. "Das ist keine gute Idee", wandte Ibar ein, "denn dies ist Feidesland und kein Platz zum Schlafen!" Cuchulain jedoch legte sich hin und schlief.

Foill, einer der Söhne der Nechta, kam heraus und fragte Ibar, was das für Pferde seien. "Das sind Conchubar's Schecken", antwortete Ibar. "Das habe ich mir fast gedacht", meinte Foill mac Nechta, "aber wer hat sie über die Grenze gebracht?". "Ein junger Bursche, der heute seine Waffen empfangen hat und zur Grenze gefahren ist, um sich zu zeigen".

"Wäre er ein Mann, so würde er nicht lebend nach Emain Macha zurückkommen", grollte Foill. "Natürlich kann er noch nicht kämpfen, er ist noch ein Kind, das zu Hause bei seinem Vater sein sollte", fügte Ibar eilig hinzu.

Den letzten Satz hatte Cuchulain gehört. Er hob den Kopf und sagte zu Foill: "Selbstverständlich kann ich kämpfen, aber nicht mit einem unbewaffneten Mann. Geh und hole deine Waffen, wenn du kein Feigling bist". Foill wurde ärgerlich und eilte, seine Waffen zu holen. Derweil warnte Ibar den Jungen: "Sei auf der Hut, denn dies ist Foill mac Nechta, und weder die Spitze eines Speeres noch die Schneide eines Schwertes können ihn verletzen".

"Das geht schon in Ordnung", sagte der Junge und schon kam Foill zurück und stürmte auf ihn zu. Cuchulain aber nahm seine eiserne Kugel und schleuderte sie mit solcher Gewalt auf den Kopf des Mannes, dass sie ihn glatt durchschlug und Foill tot niedersank. Cuchulain eilte heran, schlug ihm den Kopf ab und hängte ihn als Trophäe an seinen Wagen.

Vom dem Lärm aufgeschreckt, kam Tuachel heraus, der Bruder von Foill. "Lange wirst du dich dieser Tat nicht rühmen können", rief er erbost, "den jetzt werde ich dich töten". "Dann hole deine Waffen, denn nur ein Feigling kommt unbewaffnet", höhnte Cuchulain. "Du musst vorsichtig sein", warnte Ibar, "denn dies ist Tuachel mac Nechta, und wenn du ihn nicht mit dem ersten Hieb oder Stich oder Wurf tötest, wird er unverwundbar sein!"

"Da mache dir mal keine Sorgen", sagte Cuchulain, "denn dies ist Conchubars vergifteter Speer. Wenn der ihn getroffen hat, kann ihn niemand mehr heilen".

Und als Tuachel auf ihn zu rannte, warf Cuchulain den vergifteten Speer, der durch den Schild hindurch mitten ins Herz drang, und noch ehe der Körper zu Boden gefallen war, hieb er ihm den Kopf ab und hängte ihn an seinen Kriegswagen.

Dan kam Fainnle, der jüngste der drei Brüder, heraus. Er forderte Cuchulain heraus, mit ihm im Wasser zu kämpfen und sprang in den nahen Fluss. Wieder warnte Ibar: "Sei vorsichtig, denn dies ist Fainnle mac Nechta, die Schwalbe. Und er hat diesen Beinamen, weil er sich so flink auf dem Wasser bewegt wie die Schwalbe in der Luft. Auf der ganzen Welt gibt es keinen Schwimmer wie ihn!" "Du kennst doch den Fluss Callan, der durch Emain Macha fließt", antwortete Cuchulain, "wenn ich mit den Knaben von Ulad darin bade, so trage ich je einen auf jeder Schulter und je einen auf meinen Händen und bringe sie doch trocken ans Ufer zurück."

Mit diesen Worten sprang er ins Wasser, ergriff Fainnle, schlug ihm mit Conchobars Schwert den Kopf ab und hing auch diese Trophäe an seinen Kriegswagen. Dann ging er mit seinem Wagenlenker in die Burg und sie zerstörten und verbrannten alles, was sie darin fanden.

Auf dem Rückweg sahen sie ein Rudel Hirsche. Cuchulain, der solche Tiere noch nie gesehen hatte, fragte, was das für Rinder seien. "Das sind keine Rinder, sondern die wilden Hirsche der Wälder von Slieve Fuad", antwortete Ibar. "Dann lasst uns welche fangen", rief Cuchulain. Doch die Pferde waren nicht schnell genug, die leichtfüßigen Hirsche einzuholen. Schließlich verlor Cuchulain die Geduld, sprang vom Wagen und jagte die Hirsche so lange zu Fuß, bis zwei von ihnen vor Erschöpfung liegen blieben, die er zurück brachte und hinten an seinen Kriegswagen band.

Als sie die Ebene von Emain erreichten, sahen sie eine große Zahl weißer Schwäne, und Cuchulain fragte, woher sie kämen. "Sie kommen von den Felseninseln des Meeres, um sich hier satt zu fressen", antwortete Ibar. "Was ist rühmlicher, sie zu töten oder sie lebend zu fangen?" fragte Cuchulain. "Es gibt viele, die sie töten, aber kaum jemanden, der sie lebend fangen kann", sagte Ibar. Daraufhin legte Cuchulain kleine Steine in seine Schleuder und warf sie so geschickt, dass acht Schwäne betäubt zu Boden fielen. Als er jedoch Ibar aufforderte, sie zu holen, weigerte dieser sich. "Die Pferde jagen so schnell, ich kann sie nicht stoppen, und wenn ich abspringe, zerschneiden mich die eisernen Wagenräder oder das Geweih der Hirsche durchlöchert mich." Cuchulain ergriff ärgerlich die Zügel, stoppte den Wagen und hieß Ibar die Schwäne holen und an den Wagen binden. Und so stürmten sie zurück nach Emain Macha.

Levarcham, die Botin des Königs, war die erste, die sie erblickte. Sie eilte zum König, so schnell sie konnte und rief: "Conchubar, ein wilder Krieger sprengt heran, an seinem Kampfwagen hängen drei blutige Köpfe, Hirsche gallopieren hinter ihm und weiße Schwäne fliegen über ihm." "Das ist Cuchulain", sagte Conchubar, "der Sohn von Dechtire, er hat seine Hände in Blut getaucht, und wenn wir seine Raserei nicht stoppen, sind die Männer von Ulad in höchster Gefahr."

In großer Eile beratschlagten sie, was zu tun sei. Dann schickten sie ihm drei mal fünfzig Frauen mit entblößten Brüsten entgegen. Als der Junge sie erblickte, sah er verlegen zu Boden und die Wut und Wildheit wich von ihm. Er wurde gewaschen und prächtig gekleidet vor den König geführt, der stolz seinen Neffen empfing.

Quellen:
Lady Gregory: Complete Irish Mythologie, The Slaney Press, 1994.
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